POTSDAM, 17. SEPTEMBER – Nach Mitteilung der Tageszeitung „taz“ vom 16.09.2024 haben die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Umweltschutzorganisation Greenpeace jeweils eine Verfassungsbeschwerde gegen die letzte Änderung des Klimaschutzgesetzes durch den Bundestag im April 2024 eingelegt. Laut der „taz“ soll auch Luisa Neubauer Verfassungsbeschwerde erhoben haben. Die „taz“ weist darauf hin, dass die drei Organisationen DUH, BUND und Greenpeace bereits im Jahr 2021 mit Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz beim Bundesverfassungsgericht Erfolg hatten. Damals erging das sogenannte „Klimaschutz-Urteil“.
- Worum handelt es sich bei dem so genannten „Klimaschutz-Urteil“?
- Was hat das Bundesverfassungsgericht damals entschieden?
- Wie ist die Entscheidung zu bewerten?
Zu 1. Worum handelt es sich bei dem so genannten „Klimaschutz-Urteil“?
Bei dem „Klimaschutz-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich in Wahrheit nicht um ein Urteil, sondern um einen Beschluss, nämlich um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021, Az. 1 BvR 2656/18, 1 BvR 288/20, 1 BvR 96/20 und 1 BvR 78/20. Der Entscheidung lagen mehrere Verfassungsbeschwerden von Umweltorganisationen und Privatpersonen gegen das Klimaschutzgesetz zugrunde.
Ein Urteil kann nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehen, hingegen wird ein Beschluss allein nach schriftlicher Erörterung durch ein Gericht ohne öffentliche Verhandlung gefasst. Bei der Entscheidung vom 24.03.2021 wurde der Beschluss lediglich öffentlich und medienwirksam vor laufender Kamera verkündet.
Zu 2. Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?
Das Bundesverfassungsgericht war der Auffassung, dass die jetzige Klimaerwärmung auf dem „menschgemachten“ Kohlendioxid (CO2) beruhe, also auf der vermehrten Freisetzung von CO2 durch den Menschen. Weiterhin war es der Auffassung, dass eine Klimakatastrophe drohe und dass der deutsche Gesetzgeber deshalb verpflichtet sei, zum Schutz zukünftiger Generationen deutlich mehr CO2 einzusparen. Es erklärte das Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig, weil das Gesetz nach Auffassung des Gerichts nicht in ausreichendem Maße eine CO2-Einsparung in Deutschland regele.
Zu 3. Wie ist die Entscheidung zu bewerten?
Die Entscheidung war falsch, sowohl in naturwissenschaftlicher als auch in juristischer Hinsicht.
- a) Naturwissenschaftliche Bewertung
In dem Beschluss heißt es, die derzeit zu beobachtende Erderwärmung beruhe nach „nahezu einhelliger“ wissenschaftlicher Ansicht im Wesentlichen auf der durch anthropogene Emissionen hervorgerufenen Veränderung des Stoffhaushaltes der Atmosphäre. Es drohe eine Klimakatastrophe. Diese Aussage war einseitig und falsch.
In den letzten hunderttausend Jahren der Erdgeschichte – das steht aufgrund von Messungen in Eisbohrkernen fest! – trat erst die Erwärmung ein und dann stieg der CO2-Gehalt in der Atmosphäre. In der Erdgeschichte war es also genau anders herum: Die Erwärmung war die Ursache für einen vermehrten CO2-Austritt.
Die Behauptung, dass CO2 heute ein Klimatreiber sein soll, der die Erwärmung nach sich zieht, wird allein mit Laborversuchen unter unnatürlichen Bedingungen sowie mit einem ungefähr zeitgleichen Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre und der globalen Mitteltemperatur seit ca. 150 Jahren begründet. Die Behauptung, CO2 sei die Ursache für die Erwärmung, wurde unter natürlichen Bedingungen bis heute nicht naturwissenschaftlich belegt.
Falsch ist auch, dass CO2 ein grundsätzlich schlechtes oder schädliches Gas wäre. Das Gegenteil ist der Fall. CO2 ist lebensnotwendig und Voraussetzung dafür, dass es überhaupt Leben auf der Erde gibt! Bei zu geringem CO2-Gehalt gäbe es keine Photosynthese, und sämtliche Pflanzen würden sterben, in der Folge auch alle Tiere und Menschen. Niederländische Tomatenzüchter begasen sogar absichtlich ihre Tomaten mit CO2, damit ihre Pflanzen besser wachsen und gedeihen.
Falsch ist auch, dass wir in der Gegenwart eine noch nie dagewesene Erwärmung erleben würden. Das ist unzutreffend. Richtig ist, dass es bereits in früheren Zeiten der Erdgeschichte extreme Klimaschwankungen und extreme Erwärmungen gegeben hat. Denken Sie beispielsweise an Skandinavien und die Ostsee. Ganz Skandinavien und die Ostsee lagen während der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren unter einem hundert Meter dicken Gletscher. Dieser gigantische Gletscher ist anschließend komplett abgetaut. Allein daran kann man erkennen, dass es auch in früheren Zeiten massive Erwärmungen des Klimas gegeben hat. Auch um die Zeitenwende und im Mittelalter gab es Warmzeiten, in denen es weltweit deutlich wärmer war als heute! Die Klimamodelle des IPCC – es sind eben nur Modelle – können diese früheren Erwärmungen nicht abbilden. Wenn aber ein Modell ein solches Phänomen, das naturwissenschaftlich bewiesen ist (!), nicht abbilden kann, ist es unbrauchbar.
Schließlich ist auch falsch, dass es in der Wissenschaft angeblich „Einigkeit“ über das menschgemachte CO2 und die bevorstehende Klimakatastrophe gäbe. Das Gegenteil ist der Fall: Die Frage ist wissenschaftlich stark umstritten. Es gibt namhafte Wissenschaftler, die erhebliche Zweifel an der Verursachung der jetzigen Erwärmung durch anthropogenes CO2 haben und die auch nicht an eine bevorstehende Katastrophe glauben. Beispielsweise bezeichnet John Francis Clauser, der 2022 den Nobelpreis für Physik bekam, das derzeitige Klima-Narrativ als „gefährliche Korruption der Wissenschaft“. Sogar der Chef des Weltklimarates IPCC, Jim Skea, hält den derzeitigen Klimawandel für keine existenzielle Bedrohung der Menschheit.
In Wahrheit wird die angeblich belegte, tatsächlich aber überhaupt nicht bewiesene These, dass das menschgemachte CO2 die Ursache für die derzeitige Erwärmung wäre, politisch instrumentalisiert. Das CO2-Narrativ hat einen neuen Markt eröffnet, der nicht nur erhebliche Kapitalgewinne, sondern auch die Steuerung von Markt und Gesellschaft bis in alltägliche Details hinein ermöglicht. Nur mit dem CO2-Narrativ und dem damit verbundenen Katastrophen-Szenario trauen sich Politiker, die Bevölkerung zu gängeln und dem Einzelnen vorschreiben zu wollen, wie er seine Wohnung zu beheizen hat und mit welchem Fahrzeug er noch fahren darf. Das freiheitliche und marktwirtschaftliche System, wie wir es bislang kannten, wird zerstört.
- b) Juristische Bewertung
Im Rahmen des Beschlusses brach das Bundesverfassungsgericht mit seiner gesamten bisherigen Rechtsprechung, u.a. mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, und stellte, was eine Ungeheuerlichkeit ist, die Grundrechte quasi unter einen Klimavorbehalt nach Artikel 20a Grundgesetz, dass also die Grundrechte der heute Lebenden zum Schutz des Klimas eingeschränkt werden dürften. Das war in juristischer Hinsicht ein „Amoklauf“.
Bereits formal brach das Gericht in dieser Entscheidung mit dem sogenannten Prinzip der Subsidiarität. In seiner gesamten Bestehens-Zeit seit seiner Gründung 1951 hatte das Gericht noch beinahe nie eine Verfassungsbeschwerde gegen ein formelles Gesetz zugelassen, da nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz der einzelne Bürger, der eine Verfassungsbeschwerde erhebt, zunächst den Rechtsweg ausschöpfen muss, ehe er das Bundesverfassungsgericht anrufen kann.
Das Bundesverfassungsgericht brach auch inhaltlich in dieser Entscheidung mit dem in Deutschland seit mehr als hundert Jahren anerkannten Prinzip der Rechtsträgerschaft. Nach deutscher Rechtsordnung können nur solche Menschen eigene Rechte haben, die bereits geboren wurden (§ 1 BGB) oder die bereits gezeugt sind und im Mutterleib heranwachsen (Nasciturus, vgl. § 1923 Abs. 2 BGB). Nach unserer Rechtsordnung haben aber Menschen, die noch überhaupt nicht leben, sondern nur möglicherweise eines fernen Tages gezeugt oder geboren werden könnten, keine eigenen Rechte. Es war daher völlig absurd, dass das Gericht im Hinblick auf noch überhaupt nicht rechtsfähige, noch nicht einmal gezeugte Menschen die Grundrechte der heute lebenden Menschen einschränkte und die Grundrechte der heuten lebenden Menschen unter einen sogenannten Klimavorbehalt nach Art. 20a GG stellte. Nach bisheriger – und zutreffender – Rechtsprechung war Art. 20a GG lediglich ein Staatsziel, das der Gesetzgeber zwar berücksichtigen sollte, das aber niemals zur Einschränkung von Grundrechten herangezogen werden konnte. In der Entscheidung vom 24.03.2021 wurde plötzlich Art. 20a GG als Rechtsgrundlage benutzt, um selbst Grundrechte der heute Lebenden einzuschränken.
Das Bundesverfassungsgericht brach in dieser Entscheidung auch mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, welches Verfassungsrang hat. Das Gericht stellte selbst in dem Beschluss ausdrücklich fest, dass Deutschland bei den CO2-Emissionen weltweit nur für etwa 2 Prozent aller Emissionen verantwortlich ist. Selbst wenn Deutschland also absolut CO2-neutral wird und überhaupt kein CO2 mehr emittiert, ändert sich am Weltklima gar nichts. Bei einer solchen Relation kann niemand behaupten, es wäre noch verhältnismäßig, die deutsche Wirtschaft zu zerstören (Verbot der Kohlekraftwerke und damit einhergehend eine Zerstörung der deutschen Energiewirtschaft, Verbot des Verbrennungsmotors und damit einhergehend eine Zerstörung der deutschen Autoindustrie). Aber mit dieser „Kleinigkeit“, dass die deutsche Wirtschaft mit solchen Maßnahmen erdrosselt und der Wohlstand in Deutschland vernichtet wird, beschäftigte sich das Gericht nicht mit einem einzigen Wort.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021 war – das muss man leider so klar sagen – keine Entscheidung eines Gerichts, welches unabhängig, sachlich und objektiv die Sache erforscht und dann entschieden hätte. Es gab weder eine neutrale, wissenschaftlichen Kriterien genügende Erhebung und Bewertung des Sachverhalts noch eine gewissenhafte Berücksichtigung der Rechtsgrundsätze der letzten Jahrzehnte. Insbesondere unterblieb jegliche Abschätzung der Verhältnismäßigkeit. Vielmehr handelte es sich um eine rein politische Entscheidung, bei der erkennbar die grüne Gesinnung ausschlaggebend war.
Diese grüne Gesinnung in der Entscheidung war leider keine große Überraschung. Denn die Berichterstatterin, also die Richterin, die das Verfahren maßgeblich betreute und die den schriftlichen Beschluss verfasste, Frau Prof. Dr. Gabriele Britz, war mit dem Grünen-Politiker aus Frankfurt, Dr. Bastian Bergerhoff, verheiratet und schrieb anscheinend einige Passagen aus dem Wahlprogramm ihres Ehemannes ab.
Inzwischen ist Frau Prof. Dr. Britz aus dem Bundesverfassungsgericht ausgeschieden. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Gericht nunmehr wieder zu den hergebrachten Rechts- und Verfassungsgrundsätzen zurückfindet oder ob es weiterhin grüne Klimapolitik im Gewand einer richterlichen Entscheidung betreibt.
Die WerteUnion kritisiert scharf, dass das Bundesverfassungsgericht aus politischen oder ideologischen Gründen mit gleich mehreren grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien gebrochen hat. Sie setzt sich für die Beibehaltung der richterlichen Unabhängigkeit, Sachlichkeit und Neutralität ein. Sie setzt sich weiterhin dafür ein, dass das Bundesverfassungsgericht stärker mit erfahrenen Richtern und weniger politisch besetzt wird.
Von Detlev Plath, Richter und Mitglied der WerteUnion
Ulrike Stockmann
PRESSESPRECHERIN
2024-09-20 07:33:06